Es gibt die Goldmarie und die Pechmarie. Zumindest in Grimms Märchen.
Und dann gibt es noch die SandMarie. Die sitzt manchmal auf einer emiratischen Düne und lässt den Sand durch ihre Finger rinnen. So wie die Sandkörner herab, fließen dann gelegentlich Buchstaben durch ihren Sinn, welche sich zu Worten und Sätzen fügen: Über das Leben allgemein, das Leben als Expat in den Emiraten, über Menschen, Bücher (z.B. mein eigenes, s.o.), Erlebnisse....

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Kunst-Oase im Sand - Liwa ArtHubHotel

Ist das nicht... "Ritter Rost"?!? (deutsche Kinderbuchreihe).  Wir trafen ihn in der Wüste nahe der Liwa-Oase!
 
Wieder etwas aus der Rubrik: Abseits ausgelatschter (Touristen-)Pfade. 
Hotels gibt es in den VAE wie Sand in der Wüste. Dabei ist es schwierig, etwas unter mindestens 4*-Kategorie zu finden. Das ist natürlich toll, man kann in (oft) hervorragendem Service und dem Luxus schöner Deko und Inneneinrichtung schwelgen. Wenn man eine Reihe solcher Übernachtungen später Revue passieren lässt, unterscheiden sich die Erinnerungen jedoch meist nur in Details.


Das Liwa ArtHub Hotel hingegen wird hinterher für den Besucher nicht in uniformer Hochklassigkeit untergehen - es hat eine ganz eigene "Klasse"! 
Um das zu verstehen, muss ich etwas weiter ausholen. Am Rande von Abu Dhabi, besser gesagt, sehr ungewöhnlich gelegen - nämlich mitten in dem gigantischen, wahrlich nicht künstlerisch-inspirierendem Gewerbegebiet versteckt - steht der ArtHub:  
Eine moderne Galerie, deren rühriger Gründer und Eigentümer, Ahmed Al Yafei, sich darum verdient macht, regelmäßig Künstlern aus aller Welt in den hauseigenen Ateliers ein zeitweiliges Refugium zu bieten. Ihre dort entstandenen Arbeiten stellen die Gastkünstler in zumeist monatlich wechselnden Expositionen anschließend aus.

Das LiwaArtHotel vom gegenüberliegenden Dünenkamm aus gesehen (man beachte den ringförmigen Swimmingpool!)

Immer wieder mag der Wunsch aufgekommen sein, die phantasieanregende Eigenartigkeit der Wüste zu erleben und für das eigene Schaffen zu nutzen. Deshalb hat Ahmed Al Yafei auf einer ehemaligen Dattelfarm bei Liwa eine weitere Künstlerherberge initiiert - allerdings kann dort auch jeder neugierige Tourist einchecken. 
 
'Ahlan-Wasahlan' mit Großen Buch, Fremder....
Lehm-Fort gleich um die Ecke.






















 
Kamel-Installation
Pool-Brücke mit Düne im Hintergrund























  


Die Zimmer ziehen sich in langgestreckter U-Form um den großen, mit Palmen bestandenen Innenhof. Die Rückseite wird schlicht und einfach durch eine große Sanddüne begrenzt! Höhepunkt für staubige Ausflügler mag der wohl einmalige Pool sein: Rings um den Palmengarten mit Sitzpavillon zieht sich windungsreich ein blau gekachelter Schwimmkanal, welcher abends, ebenfalls mit blauer Leuchteinfassung, regelrecht magisch wirkt. Der erste mir bekannte, private "Ring-Pool" - versteckt am Rande der Rub Al-Khali! ("Das leere Viertel" = die größte, zusammenhängende Sandwüste der Welt) Gespeist wird er übrigens aus dem farm-eigenen Brunnen, der bemerkenswert salziges Wasser liefert (kleine Erinnerung daran, dass die Wüste einst auch nur ein Meeresgrund war....)

 

  
Hauptattraktion der Anlage sind selbstredend natürlich die vielen Kunstwerke, welche über das gesamte Gelände verstreut zu finden sind und auch noch nach der fünften oder sechsten Passage oft - je nach Tageszeit und Lichteinfall - immer wieder neue Blickwinkel und interessanten Details enthüllen.

Den Pool nutzten wir unlängst mit Freunden an einem heißen Herbstnachmittag. Wir hatten unsere schlichten, aber komfortablen Zimmer bereits bezogen; Mr. Ahmed war mit einer Gruppe gegenwärtig im Liwa ArtHub arbeitender Künstler sowie weiteren Touristen aus dem In- und Ausland noch unterwegs.

Das Abendessen (wie auch am kommenden Tag der Mittagstisch) wird reichhaltig für alle von den hauseigenen Köchen bereitgestellt. Alle - Künstler, Touristen und der quecksilbrige Mr. Ahmed - sitzen dann gemeinsam auf der Terrasse an einer langen Tafel.

Sonnenaufgang über der Rub Al-Khali...

Frühstück mit Drohne


Der nächste Morgen begann verdammt zeitig. Was sich aber in jedem Falle lohnte, denn es ging zum Sonnenaufgang in die Wüste! Nach ca. einer Viertelstunde Fußmarschs von den abgestellten Autos hinauf ins "Leere Viertel" befand man sich bereits "mitten drin" in den unermesslichen Weiten der Rub al-Kahli! 

Auf einem langgestreckten Dünenrücken platzierte Mr. Ahmed alle fürs erste Gruppenfoto, welchem noch viele folgen sollten. Dort kam nämlich sein neu erworbenes "Männerspielzeug" zum Einsatz: Eine Drohne, die uns fortan wie eine überdimensionierte Hummel umschwirrte, um von nah und fern Aufnahmen von unserem Ausflug zu machen!

Eine der Wochenendbesucherinnen ist Yoga-Lehrerin und hatte sich erboten, mit der ganzen Gruppe die aufgehende Sonne inklusive "Sonnengruß" und allem Drum und Dran zu erleben. Nun mag Yoga nicht jedermanns Sache sein, doch die meisten beteiligten sich artig an den Übungen und JA! - Wenn man unter sich die Füße fest im kühlen Puderzuckersand verankert hat, über die Haut zart ein warmes Lüftchen streicht, Sandkörner in diesem Hauch über den Boden "singen", und vor den Augen taucht dann die aufgehende Sonne die Weiten der Dünen in alle erdenklichen Orange-Rot-Rosa-Gelb-Braun-Schattierungen: Das hat was!

Innere Einkehr beim Sonnenaufgangs-Yoga - und erhöhter Schwierigkeitsgrad beim Drohnen-Gebrumm!

Ein bisschen irritierend war für manchen - inmitten dieser spirituellen Einkehr - möglicherweise Mr. Ahmeds fleißig über den Köpfen herumbrummende und -surrende Drohne. Aber wer lässt sich auch von dergleichen Neuzeitkram ablenken, wenn er die Magie des ewigen Sandes erspüren kann?!  :-)

Anschließend gab es auf einem großen "fliegenden Teppich", der wundersamerweise auf der Düne nebenan gelandet war (d.h. per Quad von einem Angestellten geliefert), ein reichhaltiges Frühstück für alle. Natürlich mit Drohne über allem! Auf dem Rückweg zu den Autos begann die Sonne bereits wieder zu brennen...

Frühstück auf "gelandetem" Teppich: Künstler und Touristen vereint.
Wer moderne Kunst mag, Lust hat, mit deren "Müttern und Vätern" ins Gespräch zu kommen oder einfach im Ring-Pool zu plantschen, vor allem wer jedoch den Zauber der Rub Al-Khali erleben möchte, dem sei ein Ausflug ins Liwa ArtHub Hotel empfohlen! Ahemd Al Yafei organisiert gern das Drumherum. Ebenso lohnend ist ein Abstecher in die Oasen-"Stadt der Dattel" Liwa nahebei oder einer zur Moreeb-Düne, die mit 120 m höchste Düne der Rub al-Khali und zugleich eine der höchsten der Welt.

Kleine Filme /Luftaufnahmen über den Liwa ArtHub kann man hier sehen: http://www.adah.ae/#!liwa-art-hub/c1cwb 

Die Facebookseite gibt's hier: https://www.facebook.com/Abu-Dhabi-Art-Hub-1375196236120485/

Und noch die vom Liwa-ArtHub: https://www.facebook.com/ArtHubLiwa/?ref=all_category_pyml

Kann auch dekorativ sein: Unreife Datteln am Zweig



Montag, 19. Oktober 2015

Pappkarton-Stadt an der New York University Abu Dhabi

Wer die Zeile "We Built This City" liest und über 35 ist, hat jetzt garantiert auch den Sound dazu im Ohr und ergänzt: "... on Rock'n Roll!" ('Starship'-No.1-Hit 1985; der wurde allerdings im April 2004 von der Zeitschrift 'Blender' auf Platz 1 der „schlechtesten Songs aller Zeiten“ gesetzt....)

Aber Stop! Heute soll es nicht um One-Hit-Wonder der 80-er Jahre gehen. Diese Zeile hätte hier, in Abu Dhabi, nämlich unlängst mit "... on cardboard boxes!" (=Kartons) abgeschlossen werden müssen.

Künstler des "Polyglot Theaters" koordinierten die Bauarbeiten

An der New York University Abu Dhabi - 2010 im Stadtteil Saadiyat Island gestartet, wo künftig auch Guggenheim Museum und Louvre Abu Dhabi beheimatet sein werden - existiert ein auch für Nichtstudenten zugängliches, umfassendes Kunst- und Kulturleben. Wer Interesse an Infos hat, kann sich in die Mailingliste eintragen.

Das in Australien beheimatete "Polyglot Theater" veranstaltete mit diesem Live-Projekt auf dem NYUAD-Campus einen interaktiven Familien-Spaß: Aus hunderten, nein tausenden ausrangierter, gewöhnlicher Pappkartons verschiedener Größen konnten Kinder unter Anleitung der Künstler eine eigene Stadt erbauen! Inklusive Plätzen, Hochhäusern, Tunneln, Brücken, Straßenzügen,....

...bei der Arbeit...


Ein DJ sorgte für musikalische Untermalung, während die Familien mit dem "Städtebau" beschäftigt waren. Den Abschluss an den sieben einzelnen Nachmittagen bildete jeweils ein großes "Erdbeben", welches die Konstruktionen wieder in ein Chaos für die Nachfolgenden zurückverwandelte, welche ebenfalls ihre eigene Stadt bauen wollten. Die Kinder, die mitgemacht haben, waren begeistert von ihren "Häusern"  - samt mit Kartonschränken, -betten oder -küchen ausgestatteter Zimmer!

Eine großartige Idee hat sich da die NYUAD in ihre "Hallen" geholt, um zu beweisen: Auch im Elektronikzeitalter erfinden Kinder immer noch mit einfachsten Materialien die tollsten Spielideen.

Wenn das "große Erdbeben" den Spaß zum Schluss beendet, kann man ganze Wolkenkratzer sogar mit nur einer Hand umstoßen! Fotos: Wüster


Montag, 12. Oktober 2015

Brücke ins Nirgendwo




Sieht so ein bisschen wie die Golden Gate Bridge in Amerika aus, stimmt's? Ist aber die Hodariyat Bridge in Abu Dhabi. Schicke Architektur-Zeugen gibt es in den VAE ja so einige.

Das Besondere an dieser Brücke ist jedoch weniger ihr elegantes Aussehen. Sondern ihre "Funktion" bzw. der Platz, wo sie vom Stadtteil Al Bateen (dem mit den ganzen Scheich-Palästen....) aus hinführt!


Nämlich: (in's) Nichts!
Die 1,3 km lange und 29 m hohe Brücke, die 2012 fertiggestellt wurde, schwingt sich über einen der vielen seichten Meeresarme, welche zwischen den einzelnen Inseln dahinziehen, aus denen Abu Dhabi eigentlich besteht. Um dann auf einem langgestreckten Eiland (Al Hodariyat) zu landen - wo nichts ist. Zumindest bislang...
Flach wie eine Tischtennisplatte, nur ein paar Zentimeter über Normal Null - bestehend aus Sand, ein paar Muscheln und gelegentlichen, wasserspeichernden Pflanzenbüscheln. Angler und Wassersportler machen dort gern einmal Halt. Bis dato konnte man die Brücke nur per pedes überqueren.




Keine Frage: Infrastruktur wird in den Vereinigten Arabischen Emiraten groß geschrieben. Eine angenehme Erfahrung, wenn man auch schon in Ländern gelebt hat, wo zwar Wohnhäuser gebaut werden... jedoch öfters bar jeglicher Strom- und Wasserleitungen, und kein Gedanke an eine vorüberführende Straße!
So groß geschrieben, dass hier die Infrastruktur oft schon vor den Wohn- und Geschäftsgebäuden da ist! Man kann also davon ausgehen, dass dies langgestreckte Eiland, auf welches die Al Bateen-Brücke führt, gemäß dem Stadtentwicklungsplan für 2030 dereinst gut besiedelt sein wird. Dann werden dort auch Autos rollen.

Selbst wenn es jenseits der tollen Brücke jetzt noch nichts besonderes zu sehen gibt: Wenn man sich umdreht, hat man zumindest auf einige der hoch ragenden Tower von Abu Dhabi mal eine ganz neue Perspektive!

Die Etihad-Towers aus einem unüblichen Blickwinkel

Montag, 5. Oktober 2015

Wahl zum Föderalen Nationalrat in den VAE am 3.10.2015


Am 3. Oktober hatten alle wahlberechtigten Emiratis die Möglichkeit, die Mitglieder des  Föderativen Nationalrats zu wählen (Federal National Council, abgekürzt  FNC), man könnte ihn auch als ein Parlament des Staates beschreiben.
Wahlberechtigt ist in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) nicht die gesamte erwachsene Bevölkerung; so waren bei den 2011 abgehaltenen Wahlen nur rd. 129.000 Personen von den Emirats-Herrschern mit dem Wahlrecht ausgestattet worden, davon 46% Frauen.

Zur Wahl Ende vergangener Woche nun stellten sich nach offiziellen Angaben 329 Kandidaten, darunter 74 Frauen. 224.279 Emiratis haben diesmal beim Urnengang ihre Stimme für den Föderativen Nationalrat in 36 Wahllokalen abgeben dürfen. Die Gesamtwahlbeteiligung unter allen Berechtigten betrug dieses Mal 35% und wurde von einheimischen Politikern als "Meilenstein" bezeichnet. 
Naema Al Sharhan vom Emirat Ras Al Khaimah war schließlich die einzige gewählte Frau, obwohl Frauen am Samstag 38,9 % der Wähler ausmachten.

Flagge der VAE

Um das politische Staatsgebäude besser zu verstehen, muss man an dieser Stelle etwas weiter ausholen und die Aufteilung der Zuständigkeiten erklären:

Das Staatswesen der VAE definiert das deutsche Auswärtige Amt als „patriarchalisches Präsidialsystem mit traditionellen Konsultationsmechanismen”. Es handele sich dabei "um eine Kombination aus traditionellen und modernen Elementen, wobei die Regierung versucht, einen starken Modernisierungskurs mit der Erhaltung der islamischen und regionalen Traditionen zu konsolidieren. Die Macht liegt immer bei einem der sieben Emire, die das höchste Amt in diesen Emiraten bekleiden. Die einzelnen Emirate, die jeweils nach ihrer Hauptstadt benannt sind, genießen dennoch eine gewisse Autonomie. Die Thronfolge ist erblich. Politikwissenschaftlich handelt es sich daher um eine föderale konstitutionelle Erbmonarchie."

Sheikh Mohammed bin Rashid, (3. v.l., Scheich von Dubai sowie Premierminister und Vizepräsident der VAE) im Wahllokal des Dubai World Trade Centre.   Sarah Dea / The National

Das Verwaltungssystem ist auf Bundesebene gegliedert in den Obersten Herrscherrat (Federal Supreme Council), das Bundeskabinett (Federal Cabinet), einen Ministerrat (Council of Ministers), den Federal National Council sowie eine unabhängige Judikative, an deren Spitze der Federal Supreme Court (das Oberste Bundesgericht) steht. Politische Parteien gibt es nicht.

Der Föderative Nationalrat nun, welcher am Samstag von der Bevölkerung per Urnengang gewählt wurde, konstituiert sich prozentual aus der jeweiligen Kopfzahl der einzelnen sieben Emirate: Von den 40 Mitgliedern stammen acht aus Abu Dhabi und Dubai, sechs aus Sharjah und Ra’s al-Khaimah und vier aus Ajman, Umm al-Qaiwain und Fujairah.

Der FNC spielt in den VAE eine wichtige Rolle in der Konsolidierung der Schura (Ratgebergremium in der Rechtssprechung) und hat gemäß der Landesverfassung sowohl eine legislative als auch eine Aufsichtsrolle. Seine Pflicht ist die Untersuchung und – sofern notwendig – die Änderung von Entwürfen zu allen Bundesgesetzen. Jederzeit kann er bei Notwendigkeit einen Bundesminister einberufen und auch zur Effizienz seines Ministeriums Stellung nehmen lassen. Der Vorsitzende des FNC wird unter den Mitgliedern selbst erwählt.
Seit Ende 2006 wird die Hälfte seiner Mitglieder durch Wahlen bestimmt, die andere Hälfte jedoch ernannt. Mittelfristig soll im Rahmen der anhaltenden politischen Reform der VAE aus dem Föderativen Nationalrat langfristig eine vollständig gewählte Institution werden.


Zu den Aufgaben des FNC gehört u.a.:
  • Die Prüfung von Verfassungsänderungen und Gesetzentwürfen, die von ihm genehmigt, ergänzt oder abgelehnt werden können
  • Die Prüfung des jährlichen Budgetentwurfs für den Bundesstaat.
  • Die Besprechung internationaler Abkommen und Konventionen.
  • Die Beeinflussung der Regierungsarbeit über Diskussionen, Frage-und-Antwort-Sessions, Empfehlungen und Beschwerdebearbeitung.