Es gibt die Goldmarie und die Pechmarie. Zumindest in Grimms Märchen.
Und dann gibt es noch die SandMarie. Die sitzt manchmal auf einer emiratischen Düne und lässt den Sand durch ihre Finger rinnen. So wie die Sandkörner herab, fließen dann gelegentlich Buchstaben durch ihren Sinn, welche sich zu Worten und Sätzen fügen: Über das Leben allgemein, das Leben als Expat in den Emiraten, über Menschen, Bücher (z.B. mein eigenes, s.o.), Erlebnisse....

Dienstag, 16. Mai 2017

Club-Nacht in style: "Blue Marlin Ibiza U.A.E."


Dämmerung über der Marina: Das "Blue Marlin" ist ein Strandclub

Wer hier öfters auf meinem Blog liest, weiß es schon: Ich löcke ganz gern mal wider den Stachel. Soll heißen: Ich habe eine gewissen Genuss daran, die unendlich vielen und unendlich oft wiederkehrenden Vorurteile über die VAE hervorzuholen, zu widerlegen und mich dabei ein wenig auch zu amüsieren.

Wie oft kommt es vor, dass Menschen, die noch nie hier waren, erstaunlich gut (bzw. eben doch: schecht) "Bescheid wissen". Die Emirate - Das ist doch dort, wo alle Frauen in Burqa gehen müssen. Wo Männer und Frauen nicht miteinander sprechen dürfen, aber wenn sie es doch tun, der Scharfrichter den Kopf abschlägt. Emirate - das ist doch dort, wo ein paar dekadente Luxusmenschen sich Sklaven halten, während sie selbst in vergoldeten Lamborghinis durch den Wüstensand brettern ... (Nein, Logik ist bei solchen Aussagen natürlich keine Pflicht.) Die Emirate - das ist doch "dort unten", wo den ganzen Tag islamisch gebetet wird und wo der IS Bomben wirft und Frauen wie Haustiere gehalten werden.

Nationalitäten, Geschlechter - alles "gemischt". Die Freude am Feiern und Tanzen ist, was hier alle eint.

Tja, bei einigen dieser Dinge werden die VAE wohl einfach oft mit dem zwar Nachbar-, aber dennoch grundsätzlich anders funktionierenden -Land Saudi-Arabien verwechselt. Wer kann schließlich auch alles wissen! Keiner, das ist ja auch nicht schlimm, das kann man ja aber ändern.
Blöd finde ich nur, wenn mancher jedoch ganz absichtlich gar nicht dazulernen will, selbst wenn er die Möglichkeit dazu hat, um seine Vorurteile nicht zu beschädigen. Sowas nennt man dann Ignoranz, und da schwanke ich dann immer etwas zwischen Verärgert- und Belustigtsein.


Restaurant und Technomusik in friedlicher Koexistenz


Heute präsentiere ich mal wieder ein schönes Beispiel, um der Vorstellung etwas entgegenzusetzen, dass die VAE eine freudlose Wüstenei der Burqa-Trägerinnen sei, natürlich ohne Musik und gar Alkohol, ganz zu schweigen von Tanz oder geschlechtergemischter Geselligkeit.

Also ... gehen wir doch - gedacht - einfach gemeinsam jetzt ins "Blue Marlin Ibiza U.A.E." Natürlich (auch wenn viele in der Rest-Welt das nicht glauben können), gibt es hierzulande Bars und auch Clubs wie Sand in der Wüste
Das "Blue Marlin" ist insofern etwas besonders, dass es abseits liegt zwischen Abu Dhabi und Dubai, mitten in einem Hotelresort. Der jeweilige DJ kann also ohne Störung von Nachbaranwohnern unterm freien Himmel bis spät in die Nacht so laut auflegen und mixen, wie er und die feierfreudige Menge mögen.
Wer "kann", kann dorthin - und jetzt bedienen wir doch gern auch wenigstens mal ein Klischee! - mit dem Boot aka Yacht in die Disko gondeln, denn das "Blue Marlin" hat Meerzugang und eine eigene Marina, die ins Partygelände übergeht.

Blick vom Bootsanleger samt Loungebetten hinüber zum Strand des "Blue Marlin" mit Tanzfläche
Der Türsteher passt gut auf. Jedoch nicht etwa darauf, dass die Burqa gut sitzt oder jemand irgend einen horrenden Eintritt nicht zahlen kann. Sondern darauf, dass in den Taschen keine gefährlichen Gegenstände mitgebracht werden, dass alle über 21 Jahren sind und dass nicht zu viele Jungmänner allein oder in Pulks kommen, damit die Nacht weiter friedlich verläuft. Eintritt zahlt man gar keinen - es sei aber auch nicht verschwiegen, dass die Gastronomie schon dafür sorgt, dass der Club hinterher nicht mittellos dasteht ...

Ansonsten: Wie der Name schon sagt, ist die Partylocation ein Ableger des "Blue Marlin" auf Ibiza. Um die Tanzfläche herum gibt es neben den Videoleinwänden überall kleine Terrassen und erhöhte Sitzareale, so dass man sich auch zurückziehen und das Treiben entspannt betrachten kann. Als wir dort waren, fanden sich auch eine ganze Anzahl von Liegewiesen etwas abseits Richtung Bootssteg, doch alle verwaist ... Statt dessen waren die party people mit Sehen & Gesehenwerden sowie Essen, Trinken und natürlich Tanzen beschäftigt. Die Menge ist so buntgemischt, wie die Bevölkerung des Landes allgemein: aus Arabischstämmischen verschiedenster Nationen, aus Europäern, Asiaten, Amerikanern ...

Da steht ein Pferd ... nein, nicht auf dem Flur, aber der Restaurant-Terrasse. Und ihm geht gerade "ein Licht auf"!


Die DJs wechseln jede Woche und auch während des Abends; bekannte Namen aus dem internationalen "Himmel" der Musikaufleger geben sich im "Blue Marlin" die Klinke bzw. das Mischpult in die Hand.

Auf einer Terrasse oberhalb der Tanzfläche befindet sich unterm Sternenhimmel ein Restaurant. Die Küche ist erstklassig. Mein Tintenfisch-Risotto mit Koriander und Parmesan ein Genuss. Wobei die Portionen hier eher diätfreundlich sind - vom Umfang her ... Und auch fürs Portemonnaie: Das hat nach Begleichen der Rechnung nämlich definitiv abgenommen.


Burqa am Abend? Nein, eher "Fischernetz-Bikini-Stil"


Nicht wirklich ein Problem für das Jetset der jeunesse dorée in den VAE, klar. Und Jugend, in verschiedener Wortbedeutung auch "goldene", ist die absolut vorherrschende Spezies im Club. Da in den Vereinigten Arabischen Emiraten niemand in Bars oder Clubs unter 21 Jahren hineindarf (da Alkohol erst ab 21 ausgeschenkt wird), ist das Alterslimit schon einmal nach unten gegeben. Nach oben hin - sicher sind nicht sehr viele über 35. Die VAE sind eben ein sehr "junges" Land, im Alltag sieht man selten jemanden über Mitte, Ende 50 - weder Einheimische noch Expats.

Betrachtet man die vielen jungen Leute um sich herum, sieht es aus, als habe man den Setkarten-Schrank einer Model- oder Schauspieleragentur geöffnet und die Fotos dort zum Leben erweckt: So viel natürliche Schönheit (gelegentlich vielleicht beim Schönheitschirurgen auch "nachgeholfene"?), so viel darauf verteilter Make-up-Glanz und so viel schicke, teils auch verruchte Fummel auf einem Haufen! Während bei den Jungmännern sportgestählter Body unterm lässigen T-Shirt (wenn überhaupt) auszureichen scheinen, blitzt und glitzert es bei den Mädchen schon um einiges mehr in Sachen Outfit.


Bei einigen von ihnen fühlte ich mich an das schlaue Mädel aus dem Märchen "Die kluge Fischerstochter" erinnert: "Komm nicht nackt, aber auch nicht bekleidet!" Ein schick um den wohlgewachsenen Körper drapiertes Fischernetz macht den Coup im Märchen möglich - hier über einem Mini-Bikini und garantiert vom Designer!


Und erst die beiden Go-Go-Tänzerinnen, überm DJ-Pult - Da wird manchem Zuschauer vermutlich nicht allein davon heiß, dass die Nachtluft noch über 30° C hat ...

Was ich immer wieder erstaunlich finde hierzulande: Obwohl der Alkohol durchaus in Strömen fließt, ob nun als Bier, Cocktail oder Champagner ... nie sieht man Betrunkene, angeschickert offensiv knutschende Pärchen oder gar Schlägereien. Zum einen sorgen dafür ganz dezent agierende Security-Leute, die niemals grob sind (falls man, was selten ist, tatsächlich einmal Augenzeuge einer Intervention wird) - statt dessen wird dem Betreffenden freundlich klargemacht, dass er nun lieber heimgeht. Zum anderen mag es auch an einer Art sozialem Gruppenzwang des "Das macht man doch aber nicht!" liegen, dass bestimmte Auswüchse der Feierei hierzulande quasi nicht vorkommen.

Wer also einmal Lust auf laute Musik, ausgelassene junge party people, schickes Ambiente, gutes Essen, persönliche Sicherheit und auch ein bisschen Dekadenz - warum nicht - hat, kann also in den Emiraten durchaus auf seine Kosten kommen.


Geöffnet ist das "Blue Marlin" an den Wochenenden - und immer proppenvoll