Es gibt die Goldmarie und die Pechmarie. Zumindest in Grimms Märchen.
Und dann gibt es noch die SandMarie. Die sitzt manchmal auf einer emiratischen Düne und lässt den Sand durch ihre Finger rinnen. So wie die Sandkörner herab, fließen dann gelegentlich Buchstaben durch ihren Sinn, welche sich zu Worten und Sätzen fügen: Über das Leben allgemein, das Leben als Expat in den Emiraten, über Menschen, Bücher (z.B. mein eigenes, s.o.), Erlebnisse....

Montag, 23. Februar 2015

Sächsische Staatskapelle Dresden in Abu Dhabi


Die Sächsische Staatskapelle Dresden bei ihrem Konzert am 17.2.2015 in Abu Dhabi, Emirates Palace

Antje-im-Märchenland: Wenn Antje nicht zu ihnen kommt (den heimatlichen Spitzenorchestern) - kommen sie zu ihr! Mein erster Blogbeitrag war dem Auftritt der "Dresdner Philharmonie" 2014 in Abu Dhabi gewidmet. Dieses Jahr gastierte nun die "Sächsische Staatskapelle Dresden" im Rahmen von "Abu Dhabi Classics" auf der Bühne des Hotels Emirates Palace.

Seit über eineinhalb Jahrzehnten lebe ich inzwischen überwiegend im nicht-europäischen Ausland.... und hatte daher auch lange keine Gelegenheit mehr, "meine" beiden weltbekannten Dresdner Orchester live erleben zu können. Wie gesagt: Bis ich nach Abu Dhabi zog - hier suchen nun sie mich auf! :-)

Die Sächsische Staatskapelle Dresden ist eines der ältesten Orchester der Welt. Gegründet 1548 von  Herzog und Kurfürst Moritz v. Sachsen, blickt der Klangkörper auf eine beispiellos lange und von großen Namen durchzogene Geschichte zurück. Berühmte Musikdirektoren wie Heinrich Schütz, Adolf Hasse, Carl Maria v. Weber und Richard Wagner dirigierten ihn, aus der jüngeren Vergangenheit seien u.a. Otmar Suitner, Herbert Blomstedt, Guiseppe Sinopoli und Sir Colin Davis genannt.
Mit Christian Thielemann, der dem Orchester seit 2012/13 vorsteht, hat es nun einen Chefdirigenten, welcher 2011 von der Fachzeitschrift "Opernwelt" zum "Dirigenten des Jahres" gekürt wurde. Die Staatskapelle Dresden selbst wiederum wurde 2013 von 50 internationalen Musikkritikern zum "Orchester des Jahres" gewählt.

Entsprechend hoch gesteckt waren die Erwartungen; der Saal schon im Voraus komplett ausverkauft. Wie schade, dass dann doch einige Plätze unbesetzt blieben! Durch den ausschließlichen Online-Ticketverkauf bestand leider nicht die Möglichkeit, etwaig zurückgegebene Karten noch kurzfristig an einer Abendkasse zu erstehen....Schade, denn ich weiß von einigen Musikliebhabern, welche so keine Karten mehr bekommen haben, obwohl doch noch Plätze frei waren!

Die hoch gesteckten Erwartungen wurden keinesfalls enttäuscht. Mit Richard Strauss' "Metamorphosen - Studie für 23 Solo-Streicher" sowie Anton Bruckners "Sinfonie Nr. 9 in D moll" wurde keine schon zu Tode interpretierte "easy listening"-Konzertkost geboten; dafür einfach großartige sinfonische Musik.

Dass ein Klangkörper dieses Formats selbstredend völlig makellos spielt, war zu erwarten. Die Brillianz kam m.E. ganz besonders in den Pianissimo-Passagen zum Tragen: Bei solcher Zurückgenommenheit des Volumens immer noch eine derartige Opulenz und Differenziertheit des Gesamtklangs zu erzeugen - das zeigt die Meisterschaft. Ich gebe zu, ich bekam Gänsehaut!

Auch unsere Kinder waren vom Konzerterlebnis angetan und verließen Phantasie-beflügelt anschließend den Saal.
Tags darauf wurde in Al Ain ein anderes Programm gespielt: Liszt, Wagner und Strauss. Der Sächsische Ministerpräsident, Stanislaw Tillich, der gerade auf einer Reise zur Wirtschaftsförderung im Emirat Abu Dhabi weilte, besuchte übrigens beide Konzerte.

Blumen für Dirigenten Christian Thielemann, stellvertretend für sein Orchester


Montag, 16. Februar 2015

"Emirati Kitchen" - Besuch auf dem Gastro-Festival






Auch ohne Signatur der Autorin (der Emiratie Chef(in) Khulood Atiq) ist das Kochbuch "Sarareed" über die emiratische Küche für mich eine Bereicherung meiner eigenen Kochkünste wie auch meines Wissens über hiesige Gastlichkeit.



Im Rahmen der Veranstaltungen zum jährlichen "Abu Dhabi Food Festival", auf denen Spitzenköche aus aller Welt ihr Können inklusive Masterklassen und Chef-Seminaren für Hobbyköche bei der "Gourmet Abu Dhabi" vorführen, sowie einem Straßen-Fest, auf welchem an zahlreichen Ständen internationale Gerichte präsentiert und verkauft werden, fand auch die "Emirati Kitchen" ("Emiratische Küche") statt. Ausgerichtet wurde die Veranstaltung, wie immer, von der Tourismus- und Kulturbehörde Abu Dhabi.


Emiratisches Menü an einem der Stände
Traditionelle Musik lud zum Verweilen





















"Meylas Kitchen" ist ein neues Konzept. Shaikha Al Kaabi aus Abu Dhabi stellt ihren mobilen Truck an verschiedenen Stellen der Stadt auf, um die Bewohner mit den originalen emiratischen Gerichten zur Snack-Pause zu verführen.

Hört man den Begriff "Arabische Küche", fallen einem die großartigen Kreationen der Libanesen ein, der Syrer, auch der Marokkaner. Aber "emiratische Küche"?! Ja, natürlich gibt es auch die. Und bevor sie noch ganz von McDonalds, KFC, Starbucks oder auch den ganzen Restaurants internationaler Provinienz hier überlagert oder ganz erstickt wird und in Vergessenheit gerät, soll u.a. auch "Emirati Kitchen" davor bewahren.

Auf einem Freiluft-Gelände an der Corniche waren Stände versammelt, an welchen man einige der klassisch-emiratischen Gerichte probieren konnte. Überall gemütlich Tische oder Sitzsack-Lümmelgruppen zum Genießen, arabische Musikanten spielten im Hintergrund. Höhepunkte dieser Präsentation waren Kochklassen mit bekannten Chefs, welche in Gerichte der emiratischen Küche einführten.



Außerdem gab es eine begehrte Signierstunde mit dem einzigen weiblichen (Küchen-) Chef der Emirate, Khulood Atiq - an ihr kommt momentan kein Bericht über erfolgreiche Frauen hierzulande vorbei; auch ich hatte schon einmal von ihr berichtet.
Dummerweise hatte ich nicht damit gerechnet, dass es in den VAE u.U. noch wesentlich bürokratischer als selbst in Deutschland abgehen kann! Von wegen, sich zur Signierstunde einfach mal in die Schlange stellen und warten, bis man dran ist!.... Am Eingang wurde ich höflich gefragt, ob ich "auf der Liste" sei: der Liste jener, welche zur Kochbuchsignierstunde bei Frau Atiq vorgelassen würden. Nein, war ich nicht, aber ich durfte mich in die "Ersatzleute" einreihen - falls jemand von der Liste nicht erschiene. Doch alle kamen, und ich werde nun auch ohne die Unterschrift von Chefin Khulood mal etwas aus ihrem zweisprachigen Kochbuch "Sarareed" der Emiratischen Küche probieren!

Diese verschleierte Dame teilte an Neugierige kostenlos "Hareez" aus, ein traditionelles Gericht auf emiratischen Festen.








Hier schon einmal ein kleiner Vorgeschmack:


KHANFAROUSH - Süße Teigbällchen


Khanfaroush ist beliebt bei jung und alt - auf jedem Volksfest gibt es Stände, welche diese Leckerei verkaufen. Sie ist auch daheim leicht nachzumachen (und erinnert ein klein wenig an "Berliner"!)
  • 6 EL Reismehl
  • 2 EL Weizenmehl
  • 3 EL Zucker
  • 8 Eier
  • 3-4 TL Rosenwasser
  • 1 TL Kardamom-Pulver
  • 1/2 TL Safran (kann man auch weglassen)
  • 1 TL Backpulver (Modernisierung des traditionellen Rezepts für besseres Gelingen)

Alle Zutaten zusammenmixen und mindestens 30 min stehen lassen.
In einer tiefen Pfanne genug Öl erhitzen. Mit einem Teelöffel den Teig in Form kleiner Bällchen ins heiße Öl geben; so lange wenden, bis diese von beiden Seiten braun sind. Dann auf Küchenkrepp das überschüssige Fett abtropfen lassen.
Kann nach Geschmack mit Honig, Dattelsirup, Schokosauce oder Sesam gereicht werden, besonders gut schmeckt dazu der landestypische, leicht bittere Arabischer 'Khawa' (Kaffee mit Kardamom).


Die arabische Haushaltswaren bei "Emirati Kitchen" fanden besonders bei den einheimischen Damen regen Anklang.

Montag, 9. Februar 2015

Seekuh-Rippchen vom Grill. Archäologie in den VAE


Alle Fotos in diesem Beitrag: Präsentation von Dr. Beech am 3.2.2015


Ur- und Frühgeschichte in den Arabischen Emiraten. Hmmm. Gab es da denn hier irgend etwas - außer Sand und Muscheln vielleicht?

Dass z.B. solch eine Vorstellung komplett falsch ist, kann man u.a. auf Vorträgen, Ortsbegehungen und Treffen der Emirates Natural History Group (ENHG) erfahren, einer Non-Profit-Organisation, welche Interessenten auf den Feldern der Geschichte und Natur der Emirate vereint.

Unlängst besuchte ich einen Vortrag von Dr. Mark Jonathan Beech, dem "Head of Coastal Heritage and Palaeontology, in the Historic Environment Department at the Abu Dhabi Tourism and Culture Authority".
Fast auf den Tag genau 21 Jahre war es an diesem Abend her, erzählte er, dass er für archäologische Untersuchungen auf die Insel Sir Bani Yas gekommen war, die zu Abu Dhabi gehört. Für ganze zwei Monate!.... Man kann sicher behaupten, dass jemand, der einen ursprünglichen Arbeitsauftrag um fast 21 Jahre (bisher!) "überzogen" hat, von seiner Sache begeistert ist und hinlänglich Ahnung hat.
Diese teilte er denn auch lebhaft und informativ mit ca. 60 Interessenten, welche sich zu seinem Vortrag eingefunden hatten.

Dr. Beech beim Vortrag

Vor 8 Millionen Jahren, im Miozän, war die Küste von Ruwais kein öder Haufen Sand wie heute. Hatten Sie schon einmal die Gelegenheit, eine ostafrikanische Savanne zu besuchen - oder haben Sie Dokumentarfilme über diese Landschaften gesehen? Genau so sah es zu jener Zeit hier aus, in den VAE! Stellen Sie sich vor, wie im Schatten Akazien-artiger Bäume - entlang der damals vorhandenen Flüsse und Bäche - urzeitliche Elefanten, Nashörner und Flusspferde einherstampften und sich einen Weg bahnten zwischen Gazellenherden, Gruppen von Giraffen, Affen, Hyänen und Pferden, aber auch Säbelzahntigern und Krokodilen!

Bis vor ca. 12.000 war diese von zahlreichen Tierarten vielbewohnte Küste aber auch noch gar keine Küste! Der Persische Golf entstand erst aufgrund des Abschmelzens der Eismassen in Anschluss an die Eiszeit - bis dahin war er eine von Flüssen durchzogene, fruchtbare Tiefebene gewesen. Man konnte zu jener Zeit also trockenen Fußes vom heutigen Abu Dhabi nach dem Iran hinüberwandern...
Und solche Wanderungen sind nicht nur ein Gedankenspiel. Man kann man sich gut vorstellen, dass auch davor bereits steinzeitliche Jäger und Sammler durch diese grüne Ebene schweiften.

Allererste Spuren menschlicher Besiedelung fand man immerhin bei Jebel Barakah: 150.000 Jahre alte Steinwerkzeuge aus der mittleren Steinzeit, mit welcher unsere Vorfahren ihre Alltagsarbeiten verrichteten. Wie Funde bezeugen, aßen die damaligen Bewohner sehr gern gegrillte "Rippchen" von der Seekuh...

Allzweckwerkzeug aus der Steinzeit, gefunden am Jebel Barakah

Einen Aufschwung fand die Bevölkerung offenbar im 4. Jahrtausend v. Chr., während der Kupfer- bzw. Bronzezeit. In einer Periode, als es auf der Arabischen Halbinsel noch gar keine Kamele gab, sondern der Transport des Kupfers und der schon damals von Perlentauchern heraufgeholten, in den angrenzenden Gebieten sehr begehrten Perlen mittels Maultieren vonstatten ging! Kamele wurden nämlich hier erst etwa 2000 Jahre später heimisch...

In zahlreiche damalige Siedlungen auf dem Gebiet der heutigen Emirate fanden sich Keramikwaren der mesopotamischen Obeid-Periode -  die Krüge und Schalen mit den typischen schwarz-braunen Mustern müssen zu jener Zeit in etwa so beliebt und chic gewesen sein, wie heute das gute Meißner Porzellan! Und das zeigt wiederum, wie mobil diese Menschen bereits waren - ganz ohne Auto, ja noch nicht einmal Wagen hatten sie.
Doch auch die einheimische Bevölkerung aus jener Periode war Zierrat nicht abhold: Schmuck aus Steinen wurde sowohl als Grabbeigabe von Männern wie Frauen gefunden. Und auch Piercing ist mitnichten etwas Neues: Mr. Beech zeigte das Foto eines Mädchenschädels, an welchem die Perle als Nasenpiercing noch nach Jahrtausenden intakt ist!

Bauten aus der Bronzezeit (Abu Dhabi)

"Ichthyophagen" - Fisch(fr)esser - wurde die antike Bevölkerung der heute Emiratischen Küsten von zeitgenössischen (Herodot, Plinius u.a.) wie auch späteren Historikern etwas abschätzig genannt, weil sie sich kärglich von Fischfang, dem Sammeln von Meerestieren und der Perlentaucherei ernährte und in Hütten aus Wal-Skeletten, Seetang und Muschelschalen lebte. Um Jahr Null herum war das Klima auf der Arabischen Halbinsel eben schon wesentlich trockener und unwirtlicher geworden, als das während der frühgeschichtlichen Perioden der Fall war. Eben das Bild, welches sich in den Köpfen eingenistet hat (s.o.)... - aber eben nicht immer so stimmte und natürlich vor allem heute nicht mehr stimmt.

Eine hübsche Anekdote soll den Kreis zum Beginn des Vortrags schließen. Als Dr. Mark Beech 1992 erstmals emiratischen Boden betrat und mit einem Archäologen-Team bei Ausgrabungen auf Sir Bani Yas Island begann, gruben die Forscher einen ehemaligen Gebäudekomplex aus. Erst ganz zum Schluss jedoch hatten sie sich zu den zentralen Mauern vorgearbeitet.... die sich als Kirche entpuppten!
Man hatte den Platz gefunden, der in frühchristlichen Aufzeichnungen von einem nestorianischen Kloster irgendwo an den Gestaden dieser Golf-Küste berichtet worden war - seefahrenden Handelsleuten im 6. Jh. auf dem Wege von Europa nach Indien und China bot es einst eine Raststätte für Leib und Seele.

Wer sich noch mehr in das Thema Ur- und Frühgschichte in den VAE vertiefen möchte, findet auf der Seite des Geoportals Abu Dhabi Material dazu.